Schwangerschaftsabbruch wegen Trisomie 18
Schwangerschaftsabbruch wegen Trisomie 18
in Herzlich willkommen im Forum von WEITERTRAGEN e.V. 02.02.2015 13:11von Mona • | 3 Beiträge
Hallo,
ich möchte mich kurz vorstellen, obwohl ich eigentlich das Gefühl habe, dass ich gar nicht so richtig hierher gehöre. Gleichzeitig zieht es mich jedoch seit Wochen immer wieder zu diesem Forum...
Zu unserer Geschichte: Nach auffälliger Nackenfaltenmessung haben wir kurz vor Weihnachten zunächst einen Bluttest auf das Vorliegen von Trisomie 13,18 und 21 machen lassen. Am 5.1. rief mich mein FA dann an, um mir die frohe Mitteilung zu machen, dass alles in Ordnung sei. In der Zwischenzeit hatte ich mir allerdings bereits einen Termin in der Klinik zur Feindiagnostik geben lassen, da ich gelesen hatte, dass der Bluttest nicht sehr aussagekräftig sei, wenn ein sehr hohes Risiko für das Vorliegen einer Trisomie besteht. In erster Linie wollten wir aber eigentlich nur eine Zweitmeinung einholen, da ich die gesamte Zeit den Eindruck hatte, dass mein FA sehr schlurig arbeitete und uns die Beratung höchst unprofessionell und einseitig erschien. 2 Tage vor dem Termin beim Feindiagnostiker habe ich daher alle Laborergebnisse bei meinem FA abgeholt und sie mir zu Hause - eigentlich nur aus Neugier - angeschaut. Mich traf fast der Schlag, als ich plötzlich - eigentlich unüberlesbar - las, dass mein Kind zu 99,9% unter Trisomie 18 leidet. Auf Rückfrage bei meinem FA musste er kleinlaut zugeben, dass er da wohl etwas übersehen hatte...
Der Termin beim Feindiagnostiker war in meiner 17. SSW, und im Grunde genommen stand für meinen Mann und mich bereits fest, dass wir ein Kind mit Trisomie 18 nicht austragen würden (und das, obwohl wir in der ersten Schwangerschaft einen großen Bogen um jegliche Pränataldiagnostik gemacht haben) - sicherlich lag dies auch an der einseitigen Beratung meines FA, aber ich möchte ganz sicherlich nicht meine eigene Verantwortung auf ihn abwälzen. Bei der Feindiagnsitik waren mittlerweile eine starke Entwicklungsverzögerung sowie zahlreiche Fehlbildungen (schwerer Herzfehler, Magen nicht darstellbar, Spina Bifida, Klumpfüße...) zu sehen, so dass eigentlich kein Zweifel mehr an der Trisomie 18 bestand. Auch machten uns die Ärzte wenig Hoffnungen, dass das Kind überhaupt die Schwangerschaft überleben würde. So wurde dann nach einer Fruchtwasseruntersuchung in der 18. SSW ein Schwangerschaftsabbruch eingeleitet, und nach gut 15 grauenvollen Stunden wurde unsere Mona in der Nacht zum 20.01.2015 mit nur 43 Gramm still geboren.
Und nun? Bereits vor dem Abbruch habe ich den Ärzten vorgeworfen, dass ich den Eindruck habe, meine Entscheidung anhand von Google fällen zu müssen. Das fand ich nicht zuletzt deshalb absurd, als dass uns die Ärzte monatelang vom googlen abgeraten haben, als einer unserer (jetzt 2-jährigen) Zwillingsjungs in seinen ersten Lebensmonaten unter einer schweren Leberfunktionsstörung (bis heute ohne Diagnose) litt. Denn wir würden unser Kind definitiv nicht in Google finden können... Gleichzeitig habe ich mich furchtbar unter Zeitdruck gefühlt, denn die Schwangerschaft war ja schon so weit fortgeschritten. Und gleichzeitig waren wir schon so festgefahren, da wir anfangs ja gesagt hatten, dass wir die Schwangerschaft bei Trisomie 18 abbrechen würden.
Ich weiß nicht, ob ich den Schwangerschaftsabbruch bereue, aber ich weiß, dass ich mich mit unserer Entscheidung sehr schlecht fühle und ich am liebsten die Zeit zurückdrehen würde - vielleicht auch, um die Entscheidung noch einmal genauso zu fällen, obwohl ich mich so sehr schäme, dass wir nicht das Rückgrat hatten, das Kind auszutragen. Aber auf der anderen Seite hätte ich mir angesichts meiner Zwillingsjungs nicht noch einen monatelangen KH-Aufenthalt vorstellen können, würde aber auch nicht ertragen, mein krankes Kind lange Phasen alleine im KH zu lassen, bis es verstirbt (denn wie viele Stunden, Tage oder Monate es nachher lebt, kann ja keiner mit Gewissheit sagen). Auch weiß ich aus Erfahrung, wie schwer es mir gefallen ist, zu meinem schwerkranken Zwillingssohn eine "vernünftige" Bindung aufzubauen - und wie soll das erst bei einem Kind werden, das noch weitaus schlechtere Prognosen hat?
Es gibt noch viele andere Gründe, die zu unserer Entscheidung geführt haben, die sich nun eh nicht mehr rückgängig machen lässt. Und TROTZDEM tut es mir so unendlich weh und lässt mir einfach keine Ruhe. Ich kann nur hoffen, dass sich die Entscheidung irgendwann auch tief in mir drinnen weniger falsch anfühlt als die Alternative, das Baby auszutragen und es selbst sein Lebensende bestimmen zu lassen.
Mit traurigen Grüßen,
Bab
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RE: Schwangerschaftsabbruch wegen Trisomie 18
in Herzlich willkommen im Forum von WEITERTRAGEN e.V. 02.02.2015 15:14von Sandra*Elena • | 1.085 Beiträge
Hallo Bab, deine Zeilen stimmen mich sehr traurig. Ich habe eine Tochter mit T18 und den selben Fehlbildungen (Spina Bifida, Herzfehler usw). Auch bei uns war lange der Magen nicht darstellbar. Das hat sich später aber verlaufen weil man ihn doch darstellen konnte. Elena wird in ein paar Tagen 20 Monate alt und ich weiss gar nicht was ich dir wirklich schreiben soll. Insgesamt waren wir ungefähr einen Monat im Krankenhaus. Natürlich war die Zeit schwer aber Elena hat sich wirklich sehr gut entwickelt und unser Leben ist nicht ansatzweise so schlimm wie ich es mir vorgestellt hatte, schon gar nicht wie es die Ärzte dargestellt haben. Ich kämpfe bis heute gegen die Ärzte an die uns damals ein falsches Bild vermittelt haben und hoffe das sie unsere Geschichte erreicht. Die Aufklärung ist so unheimlich wichtig um eine Entscheidung zu treffen die man nicht bereut. Und die findet bis heute einfach nicht so statt wie sie sollte. Letzendlich weiss niemand wie es laufen wird. Und natürlich muss man von dem schlimmsten ausgehen aber man darf eben auch nicht verschweigen, dass es Kinder gibt mit T18 die leben und ich halte das Leben unserer Elena durchaus für lebenswert. Sie hat keine schmerzen, sie ist ein ziemlich ausgeglichenes und fröhliches Kind. Vieles was uns gesagt wurde ist nicht eingetroffen. Manchen Ärzten fehlt auch einfach die Erfahrung. Ich weiss nicht ob ich einen Abbruch gemacht hätte wenn ich es vorher gewusst hätte. Ich war schon in der 23 SSW und wollte auf keinen Fall einen Fetozid. Heute bin ich froh, dass ich mich für mein Kind entschieden habe.
Ich wünsche dir von Herzen dass du lernst mit deiner Entscheidung zu leben und die Umstände zu akzeptieren. Ich wünsche dir dafür ganz viel Kraft und alles gute für deine Zukunft
LG
Sandra
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RE: Schwangerschaftsabbruch wegen Trisomie 18
in Herzlich willkommen im Forum von WEITERTRAGEN e.V. 02.02.2015 15:16von lisi • | 607 Beiträge
Liebe Bab,
sehr betroffen las ich eben deine Zeilen. Ich habe mich bei unserem 2. Sohn für das Austragen nach einer t18 Diagnose entschieden. Er hat 20 Stunden gelebt und ist dann in den Armen meines Mannes verstorben. Wir haben uns gegen lebensverlängernde Maßnahmen entschieden, nach der Diagnose weiß ich auch nicht, ob wir Ärzte gefunden hätten, die eine HerzOP durchgeführt hätten. Noch im Krankenhaus bot uns ein Kinderarzt ein Nachgespräch an, falls wir damit hadern sollten, dass ohne die Diagnose alles anders gewesen wäre. Es wären sofort lebenserhaltende Maßnahmen gesetzt worden. Diese Frage was wäre wenn bleibt bis zu einem gewissen Grad immer.
Ich gestehe ehrlich, dass ein Abbruch sehr bald keine Lösung mehr für mich war und ich auch weiß, dass ich deshalb mit mir einigermaßen im Reinen bin. Ich verurteile deine Entscheidung aber in keinster Weise und weiß auch nicht, wie ich mit zwei 2-Jährigen, von denen einer krank ist, entschieden hätte. Ich wünsche dir, dass du es schaffst mit deiner Entscheidung leben zu können und es tut mir leid, dass du im Nachhinein so haderst und wohl auch nicht gut beraten wurdest.
Es ist sehr schwierig die richtigen Worte, passend zu deiner Situation zu finden, hoffe aber zumindest dir das Gefühl gegeben zu haben, dass dieses "WAS WÄRE WENN?" wohl immer ein Teil unserer Leben und unserer Trauerbewältigung sein wird.
Liebe Grüße
lisi
PS.: Nachdem in der Zwischenzeit Sandra auch geantwortet hat, möchte ich kurz noch etwas anhängen. Ich durfte letzten Sommer Elena 2 Tage kennen lernen und sie war für uns eine Bestätigung für unsere Entscheidung die Schwangerschaft fortzusetzen. Danke Sandra für deine Worte.
Liebe Bab, vielleicht haben deine momentanen Sorgen und Gewissensbisse den Sinn, dass du dich nochmals mit den Ärzten in Verbindung setzt und ihnen sagst, dass sie es bei einer anderen Frau besser machen sollen. Nichts ist umsonst!
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RE: Schwangerschaftsabbruch wegen Trisomie 18
in Herzlich willkommen im Forum von WEITERTRAGEN e.V. 04.02.2015 13:27von Mona • | 3 Beiträge
Vielen Dank, Lisi und Sandra, für Eure lieben Rückmeldungen. Ich reagiere so spät, weil ich die letzten 3 Tage damit verbracht habe, die gesamte Geschichte von Elena hier im Forum zu lesen. Sie hat mich tief bewegt (in gewissem Maße besonders, weil wir in derselben Stadt leben wie Ihr)! Ich bewundere zutiefst den Kämpfergeist Eurer kleinen Maus und den unglaublichen Einsatz und Tatkraft von Dir und Deinem Mann. Gleichzeitig habe ich enorm viel gelernt - nicht zuletzt über Bärenherz, was eine irrsinnig tolle Einrichtung zu sein scheint. Danke dafür!
In der Tat fühle ich mich nun auch besser dafür gewappnet, meinem Frauenarzt noch einmal eine Rückmeldung über seine mangelhafte Beratung zu geben, so wie Lisi vorgeschlagen hat. Danke für den Tipp! Eure Geschichte werde ich übrigens als nächste lesen.
Also noch mal herzlichen Dank und alles Beste der Welt für Eure kleine Elena!
Liebe Grüße,
Bab
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RE: Schwangerschaftsabbruch wegen Trisomie 18
in Herzlich willkommen im Forum von WEITERTRAGEN e.V. 04.02.2015 23:16von Sandra*Elena • | 1.085 Beiträge
Liebe Bab,
ich freue mich, dass du dir die Zeit genommen hast Elenas Geschichte zu lesen. Für mich war das hier eine so große Hilfe, gerade am Anfang und nach der Geburt. Ich habe es bis heute noch nicht geschafft mir noch mal alles in Ruhe durchzulesen. Das wird sicherlich auch noch mal sehr emotional. Die erste Zeit war so durcheiannder, es war manchmal so als würde das alles an mir vorbeirasen.
Es ist wirklich schade, dass du nicht vorher von uns gehört hast. Ich hätte mich gerne mit dir getroffen und Elena vorgestellt, dass wäre sicherlich für deine Entscheidung sehr hilfreich gewesen. Und gerade das ihr noch aus der selben Stadt kommt. Das ist wirklich ein grpßer Zufall. T18 und Spina Bifida ist eigentlich eher eine seltene Kombination.
Ich würde an deiner Stelle auch noch mal mit deinem Arzt sprechen. Es ist so unheimlich wichtig, dass man richtig Aufgeklärt wird. Ich selbst bin meinem Arzt so dankbar, dass er mich unterstützt hat. Ich war bzw bin die erste in seiner 30jähigen Berugserfahrung, die nicht abgetrieben hat. Aber ich fühlte mich bei ihm sehr gut aufgeklärt, ganz ohne etwas schön zu reden. Und er war eigentlich der einzige der mir so ausführlich den Abbruch und in unserem Fall den Fetozid erklärt hat. Hätte ich ohne Aufklärung den Abbruch gemacht ich denke, ich hätte einen richtigen Schock bekommen, weil es vorher von allen totgeschwiegen wurde, wie schwer dieser Weg sein würde. Ich finde es unmöglich, dass Frauen so was immer wieder passiert. Es ist vollkommen ok, wenn sich jemand der wirklich aufgeklärt wurde für einen Abbruch entscheidet. Ich weiß durch Elena, dass es sehr viele Eltern gibt die mit einem behinderten Kind nicht klar kommen und es ist nicht ok jemanden seine Meinung aufzuzwängen - egal wie diese Meinung ist. Übrigens war es auch mein Arzt der mich ganz offen gefragt hab ob ich ein so schwer krankes und behindertes Kind bekommen möchte, wenn Elena älter wird als die geschätzen 3 Tage. Das war auch noch mal eine sehr wichtige Frage mit der ich mich beschäftigt habe. Ich denke ich bin auch deswegen mit unserer Entscheidung so im reinen. Ich wünschte, dass es allen Frauen so gehen würde. Es ist nicht fair, dass "Fremde" sich so dermaßen in das eigene Leben einmischen nur weil sie einen nicht richtig aufklären.
Wenn du noch Fragen hast kannst du dich gerne jeder Zeit melden, auch per privater Nachricht.
Ich wünsch dir alles Gute und ganz viel Kraft wenn du noch mal mit deinem Arzt sprechen solltest.
LG
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RE: Schwangerschaftsabbruch wegen Trisomie 18
in Herzlich willkommen im Forum von WEITERTRAGEN e.V. 04.02.2015 23:21von Mudan • | 221 Beiträge
Hallo Bab,
grade erst hab ich deinen Beitrag hier gelesen und möchte dir mein herzliches Beileid aussprechen. Es tut mir sehr leid, dass ihr eure Maus so früh bereits ziehen lassen musstet und du dir nun Gedanken über deine Entscheidung machst. Aber ich kann eure Entscheidung auch sehr gut nachvollziehen. Wenn man in so einer Situation steckt, fällt das klare Denken meist nur noch sehr schwer, weil plötzlich alle ausgemalten Zukunftsversionen wie eine Seifenblase zerplatzen und man sich nun vor einem rießigen Berg voller Probleme wiederfindet. Letztenendes ist die Entscheidung dann oftmals Abhängig von der Aufklärungskompetenz der Ärzte, und die ist im Fall von Trisomie 18 nach wie vor leider sehr einseitig.
Wir wohnen auch in der gleichen Stadt wie ihr und auch ich habe schlechte Erfahrungen mit meiner Gynäkologin gemacht, nur dass es bei uns genau andersherum war. Obwohl ich ihre Art nie wirklich leiden konnte, hab ich ihr trotzdem vertraut und ihr geglaubt, als es hieß, dass Mia keine Trisomie 18 hat, obwohl das ETS etwas anderes vermuten ließ. Mia kam mit einer freien Trisomie 18 auf die Welt und hätte meine Gynäkologin das früher rausgefunden, ich hätte mich sicherlich davon überzeugen lassen, abzubrechen, was sie mir mit 99%er Sicherheit geraten hätte. Dann wäre ich in der selben Situation wie du. Letztenendes bin ich aber sehr sehr dankbar, dass ich niemals vor der Entscheidung stand und werde auch in Zukunft zweimal darüber nachdenken, ob ich solche Untersuchungen überhaupt noch machen will. Ich finde es gibt für eine werdende Mutter nichts Schlimmeres, als über Leben und Tod des eigenen Kindes entscheiden zu müssen, nur weil die Ärzte einen dazu fast schon drängen, oder weil die Gesellschaft oder das Umfeld es verlangt und man sich dann auch noch rechtfertigen muss, egal für welche Seite man sich entscheidet.
Und ja, Elena ist wirklich ein kleines großes Wunder! Wir hatten die Ehre bei ihrer ersten Geburtstagsfeier dabei zu sein. Wir haben so viel von ihr und ihren Eltern lernen dürfen, so dass wir sehr schnell wieder unser Familienglück zurückfanden. Dafür werd ich ihnen ewig dankbar sein.
Ich find es gut, dass du nochmal mit deinem Frauenarzt darüber reden willst, das arbeitet einiges nochmal auf. (Hab ich auch getan). Wenn du dann immernoch das Gefühl hast, dass er nicht einsichtig ist, dann scheu dich nicht, dich mit der Ärztekammer in Verbindung zu setzten.
Ich hoffe, dass du irgendwann mit deinen Gewissensbissen leben kannst und du dir dann nicht mehr so viele Gedanken darum machen wirst. Ich wünsch dir alles Gute!
Ina
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