Ich mache mir selbst Vorwürfe
Ich mache mir selbst Vorwürfe
in Herzlich willkommen im Forum von WEITERTRAGEN e.V. 25.11.2015 14:06von JuLi • | 2 Beiträge
Hallo,
ich bin auf diese Seite gestoßen da ich mich sehr mit dem Thema ein behindertes Kind trotzdem auszutragen beschäftige.
In meiner Familie gab es vor einem Jahr den Fall das an dem Ungeborenen eine schwere Trisomie mit verschiedenen Organfehlbildungen festgestellt wurde die das Kind nicht lebensfähig machten.
Mein Baby war zu dem Zeitpunkt erst ein paar Wochen alt, und war noch ganz in dem Schwangerschaftsgefühl mit drin. Ich habe so viel mit der Mutter telefoniert, war bei ihr und habe alle Tests die durchgeführt worden sind sehr nah mitbekommen.
Ich war selbst so traurig und bestürzt über das was die Ärzte der Mutter immer noch schlimmer vorhersagten. Die Eltern haben sich dann entschieden das Kind nicht zu bekommen.
Nun aber zu meinem Problem. Seitdem kann ich nicht aufhören an dieses Kind zu denken, und ich mache mir solche Vorwürfe nicht EIN MAL gesagt zu haben: Gebt ihm doch eine Chance, oder zumindest die Zeit das das Kind selbst entscheidet wann es nicht mehr kann!
Es gab nicht einen Menschen der für dieses Kind eingestanden ist und gesagt hat: Treibt nicht ab.
Natürlich haben die Eltern total mit dieser Entscheidung gehadert und waren furchtbar unglücklich und bodenlos traurig. Sie haben das so entschieden wie sie das für richtig gehalten haben, und ich wollte mich nicht in ihre Entscheidung einmischen.
Jetzt aber bereue ich das. Vielleicht wäre es ihnen eine Hilfe gewesen?
Ich weiß nicht wohin mit diesen Gedanken, es ist vorbei. Und wenn ich mit meinen Mann oder meiner Mutter darüber rede stoße ich nur auf genervte Blicke und hohles Gefasel das der Abbruch ja 'ganz sanft' gewesen sei.
Mit der Mutter des kranken Kindes habe ich darüber bisher nicht geredet, da sie auch noch so darunter leidet.
Wie kann ich dieses GedankenKarussell stoppen?
Danke schon jetzt, Juli
Das Thema wurde geschlossen. |
RE: Ich mache mir selbst Vorwürfe
in Herzlich willkommen im Forum von WEITERTRAGEN e.V. 25.11.2015 19:48von Lucciola • | 482 Beiträge
Liebe Juli,
hm, das ist echt schwierig. Ich verstehe, dass es dich sehr beschäftigt. Niemand kann sagen, was es vielleicht bewirkt hätte, wenn du dich "eingemischt" hättest. Aber ich kann dir aus der anderen Sicht sagen, dass ich im Entscheidungsprozess und auch danach ziemlich verärgert, befremdet war und eher auf Abstand gegangen bin, wenn mir jemand gesagt hat, dass er meine Entscheidung nicht versteht oder meinte zu wissen, was er in meiner Situation tun würde.
Weißt du, es ist so schwierig so eine Entscheidung zu treffen als Eltern und eigentlich unmöglich und doch muss man es tun. Ich fand es so hilfreich, wenn Freunde und Familie für uns da waren und uns zugehört haben, aber bei der Entscheidung selbst kann einem niemand wirklich helfen.
Und so schlimm sich das auch anfühlt, es ist jetzt einfach zu spät und du kannst nichts mehr daran ändern was du gesagt oder nicht gesagt hast.
Aber ich denke, es gibt etwas ganz Wertvolles, was du oder vielleicht auch gemeinsam mit der Mutter tun kannst. Überlegt euch doch ein schönes Ritual, was ihr gemeinsam in Andenken an das Baby tun könnt. Zum Beispiel einen schönen Platz in der Natur suchen, dort Seifenblasen steigen lassen, den Namen des Babys in Sand ritzen und Fotografieren, Luftballons steigen lassen,...
Meiner Erfahrung nach sind Frauen nach einem Abbruch oft noch mehr alleine mit ihrer Trauer, als Frauen, die ihr Kind ausgetragen haben und es dann verstorben ist. Für die Umwelt sind beide Kinder nicht (mehr) sichtbar, aber die Mama ist beides Mal sehr traurig und vermisst ihr Kind.Und nach einem Abbruch kommen oft noch Selbstvorwürfe dazu, die alles noch schlimmer machen.
Ich denke, du kannst nichts falsch machen, wenn du der Mama anbietest, etwas gemeinsam in Andenken an das Kind zu machen und ihr sagst, "Du vermisst dein Kind." Denn das ist ganz bestimmt so.
Ich wünsche euch Frieden und liebe Gedanken an das Kind, das eurer Familie jetzt so fehlt.
Liebe Grüße,
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